Der digitale Nachlass - Rechtliche Aspekte von Facebook, Google & Co. im Erbfall

In den letzten Jahren verändert sich die Welt immer stärker von analog zu digital. Es gibt nun auch den sog. "digitalen Nachlass". Wir stellen nachfolgend rechtliche Aspekte dar.

 

Der "digitale Nachlass"

 

Kurz gefasst betrifft der "digitale Nachlass" ganz einfach alle nicht-physisch repräsentierten Medien und Inhalte. Es geht also um das, was früher noch analog und greifbar war und jetzt zunehmend auch digital - oder bereits ausschließlich digital - vorhanden ist: Fotos, Musikstücke, Korrespondenz, Webseiten, E-Mails und vor allem auch die Login-Daten und Zugangsberechtigungen zu jeglichen Konten (Accounts), z.B. E-Mail-Konten, Soziale Netzwerke wie facebook, Xing, twitter u.a.

 

Wikipedia schränkt den Begriff des digitalen Nachlasses dagegen auf die letztgenannten ein: "Als Digitaler Nachlass werden Accounts und Daten im Internet bezeichnet, die nach dem Tode des Benutzers weiter bestehen bleiben. (...)"

 

Aus rechtlicher Sicht bietet es sich jedoch an, jegliche digitale Information in den Begriff "digitalen Nachlass" einzubeziehen, denn die Rechts- und vor allem die Praxisfragen stellen sich parallel.

 

Wandel von analog zu digital

 

Der Wandel von digital zu analog schlägt immer mehr auf das Erbrecht durch. Während die Frage nach dem digitalen Nachlass derzeit eher unglücklich verstorbene jüngere Menschen trifft, wird das Thema mit dem Älterwerden der "Digital Natives" zunehmend interessant. Inbesondere für Zwecke der Vorsorge ist die Frage nach dem digitalen Nachlass also jetzt schon zu berücksichtigen.

 

Für viele Daten geht es rein um das Praktische: wer erhält meine Accountdaten? Wer erhält die Passwörter für den PC/Clouddienst/Verschlüsselungen? Wie kriegt er sie, wo sind sie hinterlegt?

 

Klarerweise kommen die Zugangsdaten nicht in ein Testament, da sich diese Daten ständig ändern. Letztlich muss sich an der Stelle ein ganz privater, praktischer Weg finden - meist werden (mehrere) enge Personen ins Vertrauen gezogen und erhalten einen Hinweis auf ein hinterlegtes Dokument.

 

Für Accounts gibt es dazu noch eine rechtliche Komponente: nach den AGBs der jeweiligen Anbieter kann es verschiedene Voraussetzungen geben, wie Erben existierende Daten verwalten können. Am einfachsten ist es hier sicher, wenn der Erbe die vollständigen Logins erhält und rein faktisch den Account nutzen/löschen/ändern kann. Hat er die Logins nicht, ist es extrem schwierig, per Erbschein o.ä. zugelassen zu werden.

 

Wichtig: E-Mails werden durch das Fernmeldegeheimnis geschützt. Das Fernmeldegeheimnis schützt dabei auch den Absender. Das bedeutet: erfährt ein Mailprovider vom Todesfall, wird er recht schnell den Account sperren, auch wenn ein Angehöriger die korrekten Login-Daten hat. Die Mailprovider wollen den Vorwurf einer Verletzung des Fernmeldegeheimnisses vermeiden (Straftat).

 

Beispiel facebook

Beantragt jemand für den account eines Verstorbenen den Gedenkzustand (das können auch Freunde, vgl. hier bei facebook), ist der account blockiert und kann nur noch auf Antrag mit speziellen Nachweisen gelöscht werden.

 

Beispiel Google

In Google lohnt es sich, den "Google Kontoinaktivitäts-Manager" einzurichten und sozusagen als kleines Testament dort zu hinterlegen, wer kontaktiert werden soll, wenn man selbst nicht erreichbar (bzw. ggf. verstorben) ist. Google sieht verschiedene Schritte und Zeitrahmen vor, in denen Zugriffe für festgelegte Personen möglich sind. Auch eine Löschung aller Daten lässt sich vorprogrammieren.

 

Beispiel iTunes

Nach den AGB darf ein Erbe die Accountdaten des Verstorbenen nur dann nutzen, wenn er ausdrücklich ermächtigt wurde - dies erfolgt natürlich am Besten schriftlich.

 

Ein Haken besteht dabei generell auch noch: in einigen der AGB von Apple (iCloud) ist niedergelegt, dass die Rechte des Nutzers mit dem Tod enden. Es wird an Musik Apps usw. also lediglich ein beschränktes Nutzungsrecht erworben.

 

Einfacher ist die Lage natürlich, wenn "physisch" gespeicherte (Musik-)Daten auf der lokalen Festplatte vererbt werden sollen: hier dürfte zumindest nach deutschem Recht unbestritten sein, dass ein Erbe als Gesamtrechtsnachfolger ohne weiteres diese Inhalte voll erbt.


Nachtrag 11/2014: aktuell hat Apple in iTunes die sog. Familienfreigabe eingeführt. Bis zu 6 Familienmitglieder können kostenlos auf die Inhalte der Familie zugreifen - damit überholen sich einige der Probleme, die es bislang mit dem Vererben digitaler Apple-Inhalte gab. Zukünftig sind in den meisten Fällen die Erben sowieso bereits an den digitalen Inhalten berechtigt.

 

Beispiel Xing

Xing nimmt Todesmeldungen entgegen und versetzt den entsprechenden Account in einen Ruhemodus. Wenn der Accountinhaber nach 3 Monaten nicht kontaktiert werden konnte, werden Daten gelöscht. Angehörige erhalten keinen Zugriff.

 

Ein guter Überblick zum Thema aus Schweizer Sicht findet sich hier.

 

 

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