BFH-Urteil vom 28.5.2019: Einzugsfrist 6 Monate für Familienheimbefreiung in der ErbSt - Vorsicht bei Renovierung!

Am 25.7.2019 veröffentlichte der BFH sein aktuelles Urteil zu einem Fall rund um das sog. Familienheim. Im Urteilsfall nicht wirklich überraschend, legt der BFH dar, wie sich ein Erbe im günstigsten Fall verhalten soll. Kurz gesagt gilt: Vorsicht bei Renovierung!

Hintergrund (Kurzfassung)

 

Ein ererbtes Grundstück ist (u.a.) dann in der Erbschaftsteuer befreit, wenn  - und soweit -

  • Der Erblasser darin eine Wohnung für eigene Wohnzwecke genutzt hatte oder aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert war (z.B. Pflege in einem Heim), sog. Familienheim,
  • er es an ein Kind oder den Ehegatten vererbt,
  • die Wohnfläche maximal 200 qm beträgt (gilt nur bei Kindern als Erwerber),
  • die Wohnung beim Erwerber "unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist" und
  • der Erwerber die Wohnung 10 Jahre nach dem Erwerb selbst nutzt (oder aus zwingenden Gründen - s.o. - an der Selbstnutzung gehindert ist.

Hinweis: im Schenkungsfall unter Lebenden gilt die Befreiung nur zwischen Ehegatten (nicht Schenkung an Kinder) und: der Ehegatte hat nach Übertrag keine späteren Nutzungspflichten. Dazu kommt eine Steuerbefreiung für den Fall, dass ein Ehegatte den anderen von Verpflichtungen bei der Anschaffung freistellt (v.a. wenn ein Ehegatte alles zahlt, aber beide Ehegatten Eigentümer des Familienheims werden).

 

Die "Wohnung" auf  dem fraglichen Grundstück (siehe Wortlaut des Gesetzes) wird grds. nutzungsbezogen ermittelt, d.h. ein Erblasser kann (siehe auch den aktuellen Urteilsfall) ein ganzes Zweifamilienhaus allein genutzt haben. Aber Vorsicht: der Grundstücksbegriff wiederum folgt dem Zivilrecht, d.h. wurde das Zweifamilienhaus in 2 Eigentumswohnungen (z.B. "oben" und "unten") aufgeteilt, so gibt es dort rechtlich 2 "Grundstücke" und nur in einem kann sich eine Familienwohnung befinden (auch wenn das ganze Haus selbst genutzt war)

 

(vgl. insgesamt § 13 Abs. 1 Nr. 4a-c ErbStG)

 

Urteilsfall

  • Im Urteilsfall legt der BFH dar, dass die "unverzügliche" Selbstnutzung bedeutet, dass ohne schuldhaftes Zögern eingezogen werden muss (Rechtsgedanke entnommen dem Zivilrecht: § 121 Abs. 1 BGB).
  • Dieses wiederum wird konkretisiert als "regelmäßig 6 Monate" (so bisher auch schon die Finanzverwaltung)
  • Wenn dieser Zeitraum überschritten wird, trifft den Steuerpflichtigen letztlich eine besondere Darlegungs- und Feststellungslast, wann er sich zum Einzug entschlossen hat, warum der Einzug nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat (umgangssprachlich: "Verschulden").
  • Für eine Renovierung hat der BFH dazu ausdrücklich klargestellt, dass diese sich im Einflussbereich des Steuerpflichtigen befindet und ihm ein Verzögerung hieraus nur "unter besonderen Umständen" nicht anzulasten ist.

Folgerungen

  • Letztlich bleibt wie bisher nur, möglichst schnell einzuziehen (Umzug, Ummeldung, tatsächliche Nutzung). Alle Renovierungen sollten recht schnell abgeschlossen werden. Für größere Renovierungen sollte überlegt werden, ob diese nicht besser nach dem Einzug stattfinden können, da allein die Größe des Projekts als Argument nicht ausreichen dürfte und die "besonderen Umstände" bei Verzögerungen argumentativ nicht einfach sind.
  • Vorsicht bei einer stärkeren Veränderung des Grundstücks! Soweit ersichtlich gibt es noch keine Rechtsprechung dazu, aber nach dem Wortlaut des Gesetzes liegt der Schluss nahe, dass für eine Steuerbefreiung ein (zumindest weitestgehend) identisches Grundstück (bzw. Wohnung) vorliegen muss (Objektidentität): "...soweit der Erblasser darin eine Wohnung...genutzt hat...und die beim Erwerber unverzüglich..."